Montag, 20. September 2010

Wir sind alles Epigonen? – Der Glaube an die absolut vollkommene Form ist ein hohes Erbe des europäisch-abendländisches Geistes. Er ist das platonische Schönheitsstreben der Renaissance, das Winckelmann nach Deutschland brachte und Goethe noch bekannte, als er auf dem Rücken seiner römischen Geliebten Versformen skandierte. Und es war das Credo Jacob Burckhardts sowie des europäischen Klassizismus. So gesehen sind all jene, die an die Form als einzigen Wert im zunehmenden Chaos der sinn- und formlosen Welt glauben, jene, die die ganze Hässlichkeit der Welt in strahlende Schönheit umschmieden wollen, je ein Glied in einer langen Kette. – Aber wie steht es heute um diesen Glauben? Fast niemand beugt sich noch unter das Gesetz der Form: Wer heute noch streng an der Form arbeitet, ist ein Einzelfall. Die Kette wird loser.

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